Wie schläft ein Hund?
Um die Besonderheiten des Hundeschlafs zu verstehen, benötigen wir zuerst ein wenig Hintergrundwissen darüber, wie Schlaf überhaupt „funktioniert“ und in welche Schlafphasen er sich gliedert. Dann gehen wir darauf ein, was den Schlaf des Hundes von dem anderer Säugetiere unterscheidet, und was das im Alltag für uns bedeutet.
Was ist überhaupt Schlaf?
Menschen wie Tiere müssen ruhen, um sich von der Aktivität des Tages (oder der Nacht bei nachtaktiven Tieren) zu erholen und Kräfte zu sammeln. Im Schlaf ändern sich die Vitalfunktionen (Lebenszeichen) gegenüber dem Wachsein. Puls und Atmung verlangsamen sich, das Gehirn ist in anderen Bereichen aktiv, um einerseits ebenfalls zu ruhen und andererseits die Eindrücke der vorangegangenen Wachphase zu verarbeiten. Auch die Wundheilung funktioniert im Schlaf deutlich schneller als im Wachzustand.
Ein Schlaf gliedert sich in mehrere, sich abwechselnde Phasen. Jedes Tier hat abhängig von seinem Lebensraum einen anderen Wach-Schlaf-Rhythmus, der steuert, wann und wie lange es schläft. Dies ist quasi die „innere Uhr„.
Einschlafen
Die Zirbeldrüse produziert abends vermehrt das Hormon Melatonin, welches beim Menschen den Tag-Nacht-Rhythmus steuert, denn seine Produktion ist vom Tageslicht abhängig. Das Melatonin macht müde. Mit Eintritt der Müdigkeit schüttet dann der Hirnstamm Botenstoffe (Neurotransmitter) aus, die auf das Zwischenhirn (konkret auf den Thalamus und Hypothalamus) wirken, um dessen Aktivität zu hemmen und die Aufmerksamkeit herabzusetzen, damit der Schlaf eingeleitet werden kann. Somit erfährt das Gehirn über diese Botenstoffe, dass es Zeit zu schlafen ist, wenn es dunkel wird. Außerdem wirken dieselben Botenstoffe auch auf das Rückenmark, welches die Muskulatur erschlaffen lässt. Deshalb fällt uns z. B. beim Einschlafen im Sitzen auch der Kopf nach vorne.
Schlafphasen
Sind wir erst einmal eingeschlafen, durchlaufen wir im Schlaf verschiedene Phasen, die durch die Botenstoffe gesteuert werden. Erkennbar sind die Schlafphasen an ihren charakteristischen Mustern der Gehirnaktivität.
Die Schlafphasen sind im Einzelnen [1]:
- Aufmerksamkeit (noch am Übergang zum Schlaf)
- Entspanntheit mit geschlossenen Augen
- Stadium 1 – Leichter Schlaf, kurz nach dem Einschlafen: Die Muskeln entspannen sich, die bewusste Wahrnehmung schwindet.
- Stadium 2 – Non-REM-Schlaf: Das Gehirn kann nun kaum noch Wahrnehmungen verarbeiten. Die Augenbewegungen sind langsam. Diese Phase nimmt etwa die Hälfte der gesamten Schlafzeit ein.
- Stadium 3 – Tiefschlaf: Das Gehirn arbeitet langsam. Die Wahrnehmung äußerer Reize ist auf ein Minimum reduziert. Wir träumen in dieser Phase nicht.
- REM-Schlaf: Das sogenannte Rapid Eye Movement (schnelle Augenbewegungen) markiert die Traumphase des Schlafs. Die Hirnaktivität ähnelt der von Stadium 1, Blutdruck sowie Atmung und Puls steigen, die Muskulatur ist nun maximal entspannt. Hier träumen wir. Die Dauer dieser Phase liegt zu Beginn des Schlafs bei 5 bis 10 Minuten und wird in der Folge länger. Die Gesamtdauer dieser Phase beträgt beim durchschnittlichen Erwachsenen etwas mehr als 100 Minuten.
Die Stadien 1 bis 3 mit anschließendem REM-Schlaf wiederholt man im Verlauf eines Schlafs mehrfach nacheinander in Zyklen von rund 90 Minuten. Wir durchlaufen also im Schlaf ein „Auf“ und „Ab“ der Aktivität im Gehirn.
Schlafphasen des Hundes
Wie bei den meisten Landtieren besteht auch beim Hund der Schlaf aus den oben beschriebenen Stadien. Sie unterscheiden sich von Tier zu Tier lediglich in ihrer Dauer und Häufigkeit sowie in der Geschwindigkeit, wie diese Phasen ineinander übergehen. Hunde durchlaufen die Phasen bis zum REM-Schlaf oft schneller als der Mensch. Der Hundeschlaf ist zudem deutlich beeinflusst durch die Aktivität des Menschen. Das hat eine Studie in Russland bereits in den 1970er Jahren ergeben [2].
Die REM-Phase nimmt etwa ein Fünftel der Gesamtzeit ein und dauert im Schnitt 30 Minuten. Wenn der Hund träumt, scheint er sehr aktiv. Er wufft, winselt und zappelt mit den Beinen. Mitunter sind die Augen sogar leicht geöffnet. Dies ist keineswegs ein Zeichen, dass er leidet. Vielmehr sind dies unbewusste Reaktionen des Körpers auf den Traum. Es kann also sein, dass der Hund im Traum einem Kaninchen hinterherjagt und vor Aufregung „bellt“ und „mitläuft“.
In der Tiefschlafphase kann der Hund sogar schnarchen. Unsere Damen tun das fast immer.
Beobachte Deinen Hund einmal aufmerksam beim Schlafen und versuche zu bestimmen, in welcher Schlafphase er sich gerade befindet!
Folgen von Störungen des Schlafs
Wir wollen hier nicht den Schlafmangel und seine gesundheitlichen Folgen betrachten, sondern nur die Wirkung einer unmittelbaren Störung des Schlafs in den einzelnen Phasen.
Während des Stadiums 1 ist der Hund noch nah am Wachsein. Weckt man ihn in dieser Phase, ist er „sofort da“ und schnell aufnahmefähig für die Wahrnehmung seiner Umgebung. Er reagiert auch während dieser Phase noch auf Schlüsselreize wie das Öffnen einer Tür (Frauchen kommt nach Hause) oder das Geräusch der Futterpackung (Fressiiiii!) und wacht davon auf.
Im Stadium 2 und 3 nimmt der Hund nicht viel vom Geschehen um sich herum wahr. Manch ein Hund schläft sogar „wie ein Stein”. Man kann direkt an ihm vorbeigehen oder im Dunkeln das Licht einschalten, er bemerkt es nicht. Weckt man den Hund aus dieser Phase, reagiert er sehr langsam und müde. Er braucht eine Weile, bis „der Motor warmgelaufen“ ist. Geschieht dies öfter, ist das der Erholung abträglich, wenn der Hund den verlorenen Schlaf nicht wieder ausgleichen kann.
In der REM-Phase ist der Hund im Schlaf am aktivsten. Man kann „von außen“ nicht einschätzen, was er gerade im Traum erlebt. Weckt man den Hund jetzt, ist das Risiko von unbeabsichtigten Übersprungshandlungen groß. Es kann dabei sogar vorkommen, dass der Hund aus Schreck oder „im Eifer des Gefechts“ den Menschen beißt, wenn er ihm zu nahe kommt. Darum solltest Du Deinen Hund in dieser Phase am besten nicht stören! Lässt es sich jedoch nicht vermeiden, den Hund im REM-Schlaf zu wecken, dann halte wenigstens einen gewissen Sicherheitsabstand.
Quellen
- Wikipedia-Artikel „Schlaf“ – Absatz „Aufrechterhaltung des Schlafs und Schlafphasen“
- Latash LP et al., „Temporal characteristics of sleep in the dog“ , Fiziol Zh SSSR Im I M Sechenova 1977 Dec;63(12):1625-30; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/202511